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Als Hundebesitzer/in kommt man nicht um den Begriff der „Dominanz“ herum. Auch Hundetrainer/innen haben immer wieder hiermit zu tun.
Es gibt Hunde, die werden von Ihren Besitzern, aber auch von Hundetrainern, als dominant charakterisiert. Dominanz ist aber keine Charaktereigenschaft, sondern beschreibt eine Beziehung zwischen Angehörigen derselben Art in bestimmten Situationen an bestimmten Ressourcen.

Eigentlich stammt die Dominanz Theorie von Hühnern ab. Wissenschaftler fanden heraus, das Hühner eine einfache, lineare Hierarchie ausbilden, die so genannte Hackordnung ( Schjelderupp-Ebbe, 1922).
Diese Theorie wurde dann noch durch eine Studie über gefangene Wölfe verstärkt. In dieser Studie wurden einzelne, gefangene Wölfe in einer Gruppe zusammengefügt und es wurde beobachtet, dass alle Wölfe um die dominierende Rolle in der Gruppe kämpfen (Ziemen, 1971).

Beobachter erforschten die Art und Weise, wie Wölfe im Rudel unerwünschtes Verhalten korrigieren und wendeten dieses dann im Hundetraining an. Eine Reihe von Verhaltensweisen wurden als Dominanzverhalten identifiziert. Dazu gehörten u.a. das vor dem Menschen aus der Tür gehen, sich den Menschen in den Weg legen oder das sitzen/schlafen auf erhöhten Möbeln, z.B. der Couch (Donaldson, 1996). Diese Verhaltensweisen sollten dann im Training „korrigiert“ werden.
Anwendung im Training fanden u.a. langen Blickkontakt halten, schlagen des Hundes bis er jault oder den Hund auf den Rücken in eine unterwürfige Position werfen und festhalten und das Nacken schütteln (Monks of New Skete, 1978)
Viele glaubten, dies sei der richtige Weg, es wäre „wirksam das unerwünschte Verhalten zu unterdrücken“ (Stilwell, 2013).
Diese Art der Ausbildung tut jedoch nichts, um langfristig das zugrunde liegende Verhalten zu lösen und bietet kein alternatives Verhalten für den Hund an.

Es gibt einiges das gegen die Dominanz Theorie spricht. Am Anfang zeigten die Zimen Wölfe tatsächlich einige dominante Verhaltensweisen, aber dies wurde schnell abgelegt, denn die Wölfe waren in Freiheit völlig unabhängig und bei der Beobachtung zusammen in einem kleinen Raum in Gefangenschaft. Für die Wölfe war dies war keine natürliche Umgebung, dementsprechend gestresst waren sie in dieser Situation.
Wölfe bilden in der Regel Familiengruppen, die Eltern sind das Alpha-Männchen und Weibchen (Eaton, 2008). Die Sozialstruktur der Wölfe ist aber viel komplizierter als nur eine lineare Hierarchie mit einem Wolf an der Spitze.
Die Literatur beschreibt sogar das „Wölfe nicht immer im Rudel leben, einige Populationen sogar niemals“ (Coppinger & Coppinger 2001).

In manchen Landstrichen sind auch wilde Hunde dafür bekannt, ihre Gebiete alleine zu durchstreifen. Sie können kleine Gruppen für einen begrenzten Zeitraum bilden, die aber nicht sehr lange halten und die Hundegruppe trennt sich schnell, wenn ein Mensch einem Hund Lebensmittel oder Aufmerksamkeit bietet. In diesen kleinen Gruppen gibt es keinen Alphahund oder Führer. Kein Tier hat die vollständige Kontrolle über alle zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Hunde wurden vor 10.000 bis 15.000 Jahren domestiziert und ebenso lange schlichen sich die Verhaltenszüge der Wölfe durch Züchtung aus. Hunde sind kontaktfreudige Tiere, die aktiv nach Menschen zum zusammenleben suchen, Wölfe auf der anderen Seite sind schwierig zu zähmen und sie suchen in Freiheit niemals aktiv den Menschenkontakt.

Mehrhundehalter könnten jetzt darauf hinweisen dass einer ihrer Hunde dominanter als der andere ist. Das ist aber nur die Hälfte der Wahrheit. In einem Haushalt mit zwei Hunden kann der eine mehr Futter motiviert sein und so mehr Kontrolle über alle Futterressourcen haben. Der andere kann aber mehr Spielzeug motiviert sein und so eine größere Kontrolle über alle Spielzeuge haben.

„Forschung und Untersuchung hat gezeigt, das die Dominanztheorie im Rudel ungenau, ungeeignet und unwirksam ist“ (Fisher 2012).

Die Lerntheorie von modernen Hundetrainern konzentriert sich auf der operanten und klassischen Konditionierung und die Idee, dass, wenn ein Verhalten belohnt wird es wahrscheinlicher ist, auch in der Zukunft wiederholt zu werden. Diese Art der Ausbildung verwendet positive Verstärkung und fördert einen Hund bei einem bestimmten Verhalten ohne einen Hund zu bestrafen, bis er alles richtig macht. Diese Art der Lerntheorie ist Hunden angeboren; es ist die natürliche Art und Weise, wie Tiere lernen.

Weitere Argumente gegen die Verwendung der Dominanz Theorie als eine Möglichkeit der Ausbildung wurde im Journal of Applied Animal Behaviour veröffentlicht, es kommt zu dem Schluss, „dass Trainingsmethoden die auf Grundlage von Konfrontation ausgeübt werden ein entscheidender Faktor für eine erhöhte Inzidenz von Hundebissen sind“ (Stilwell, 2013). Dies zeigt, dass bei der Anwendung der Dominanz Theorie das Hundeverhalten schlimmer werden kann, wenn der Hund fühlt das er keine andere Wahl hat als zu beißen oder anzugreifen. Diese Art der Ausbildung stresst den Hund und verursacht hohe Angst oder Ängstlichkeit und kann bis zu der so genannten erlernten Hilflosigkeit bei Hunden führen (er tut besser gar nichts als Gefahr zu laufen, das Falsche zu tun),diese ist vergleichbar mit einer Depression bei Menschen.

Hunde versuchen nicht Dominanz über ihre Besitzer zu erlangen, Mensch und Hund sind zwei verschiedene Arten.

Hunde sind eng mit Wölfen verwandt, aber sie haben nicht die gleichen Verhaltensweisen. Es ist ein 15.000 Jahre dauernder, evolutionärer Abstand zwischen den beiden Spezies. Der Haushund ist kein Rudeltier und hätte ohne die Beziehung mit den Menschen kaum eine Chance zu überleben. Ich denke, dass die positive Verstärkung der richtige Weg ist , ein Weg, der dem natürlichen Lernen der Hunde entspricht.

Und zum guten Schluss: „Um von einem Wolf abzustammen muss man kein Wolf sein“ (Donaldson, 1996).

Referenzen:
Schjelderupp-Ebbe , (1922) Beiträge zur Sozialpsychologie des Haushuhns / Zeitschrift für Psychologie Band 88.

Coppinger, R., Coppinger, L. (2001) Dogs: A New Understanding of Canine Origin, Behaviour and Evolution.

Donaldson, J. (1996) The Culture Clash.

Eaton, B. (2008) Dominance in Dogs: Fact or Fiction.

Fisher, J. (2012) Think Dog.

Monks of New Skete. (1978) How to be Your Dog’s Best Friend.

Stillwell, V. (2013) Train Your Dog Positively.

Ein weiterer interessanter Link zu dem Thema gibt es vom Tierarzt Ralf Rückert … und vergib uns unsere Schuld!

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